Rund ein Drittel unserer Energie wird in Deutschland für Heizung und Warmwasser aufgewendet. Drei Viertel dieser Wärme werden durch importierte fossile Brennstoffe erzeugt, die immer teurer werden, weil die Versorgung mit fossilen Energieträgern mittelfristig von instabilen Lieferbeziehungen geprägt sein wird. Auch der Klimawandel, verursacht durch Verbrennungsgase, zwingt uns zum Umdenken und schnellen Handeln.
Vorreiter bei der Klimarettung und Garant der Versorgungssicherheit können diejenigen Kommunalpolitiker*innen sein, die erkennen, dass uns die Erde unbegrenzt Wärme schenken kann. Man muss sie nur nutzen – in Form von tiefer Geothermie.
Das sieht jetzt auch die Bundesregierung: Laut Ministerium für Wirtschaft und Klima sollen bis 2030 fünfzig Prozent der Wärme klimaneutral erzeugt werden. „Die Eröffnungsbilanz Klimaschutz vom Januar 2022 enthält daher bereits das konkrete Ziel, in der mitteltiefen und tiefen Geothermie bis zum Jahr 2030 ein geothermisches Potenzial von 10 TWh so weit wie möglich zu erschließen und die derzeitige Einspeisung in Wärmenetze aus dieser Quelle damit zu verzehnfachen. Um dies zu erreichen, wollen wir bis 2030 mindestens 100 zusätzliche geothermische Projekte anstoßen, sie an Wärmenetze anschließen und die Geothermie in Wohngebäuden und Quartieren sowie in industriellen Prozessen nutzbar machen. Regionen, in denen sich tiefe Geothermie eignet, sollen daher in einer Explorationskampagne ermittelt werden und die Informationen den Kommunen zur Verfügung gestellt werden. Zugleich sollen von Anfang an alle Fragen von Sicherheit und Umweltschutz mitgedacht werden und Berücksichtigung finden“, so das Ministerium.
Politisch und wirtschaftlich gesehen, ist Geothermie ein wichtiger Baustein, der die Wettbewerbsfähigkeit von Kommunen und Unternehmen verbessern kann und somit die Zukunft des Industriestandorts Deutschland sichert.
Wo Erfahrungen vorliegen, ist das Fazit durchweg positiv.
Die Stadt München kann bereits jetzt 40 Prozent der Haushalte über ein rund 900 Kilometer langes Netz mit Fernwärme versorgen. Ziel der Münchener Stadtwerke ist es, komplett auf fossile Energieträger zu verzichten. „Alleine die Geothermieanlage im Stadtbezirk Sendling liefert genug Energie für 80.000 Einwohner*innen“, wie der Münchner Merkur berichtet. Vor dem Hintergrund dieser überzeugenden Erfahrungen wollen die Stadtwerke München (SWM) bis zum Jahr 2030 zusätzlich Erdwärme mit einer thermischen Leistung von bis zu 450 Megawatt erschließen, um einen Großteil des Fernwärmebedarfs abzudecken. Die geplanten Investitionen von rund einer Milliarde Euro sind, davon ist die bayrische Metropole überzeugt, nachhaltig lukrativ.
Ein wichtiger Baustein beim Umbau der deutschen Energieversorgung ist die tiefe Geothermie.
Das Grundprinzip ist einfach: Man nimmt zwei Bohrungen vor. Durch diese Löcher im Boden entnimmt man auf der einen Seite warmes bzw. heißes Wasser und gibt auf der anderen Seite das abgekühlte Wasser wieder in den Boden zurück. Das Aufheizen übernimmt unsere Erde. Oder um es in den Worten des Leibniz-Instituts für Angewandte Geophysik (LIAG) zu sagen: „Die Geothermie ist eine erneuerbare Energie des geologischen Untergrunds. Sie speist sich aus dem natürlichen Wärmestrom der Erde und den thermischen Eigenschaften der Erdkruste. […] Die tiefe Geothermie (TG) steht in Verbindung mit dem Einsatz hydrothermaler Dubletten, bei denen heißes Thermalwasser energetisch genutzt wird. Bei einer Bohrungsdublette wird eine Bohrung (Produktionsbohrung) energetisch und eine Bohrung (Injektionsbohrung) für die Aufrechterhaltung der Nachhaltigkeit genutzt.“
Mit großen Wärmepumpen wird dem Wasser aus der Tiefe der Erde die Wärme entzogen und damit auf der anderen Seite das Fernwärmewasser aufgeheizt. So können bereits Thermalwässer mit Temperaturen von 40 bis 70 °C für Wärmenetze genutzt werden. Solche Reservoirtemperaturen findet man in Deutschland in Tiefen zwischen 400 und 2.500 Metern. Man spricht hier noch von der mitteltiefen Geothermie.
Ab etwa 3.000 Metern, dem Bereich der tiefen Geothermie, sind die Thermalwässer so heiß, dass man keine Wärmepumpen mehr benötigt. Dann wird es erst richtig interessant, da man keinen Strom für die Wärmepumpen aufwenden muss – und sogar Strom produzieren kann.
Mit Erdwärme fördern Kommunen großes Potenzial ans Tageslicht.
Wer sich jetzt denkt: Prima, dann bohrt man mal eben zwei Löcher, schätzt die Risiken falsch ein. Allein eine Dublettenbohrung wie in München kann schon mal 12 Millionen Euro und mehr kosten. Das macht die grundsätzliche Beantwortung der Frage unerlässlich, ob der Untergrund überhaupt für die Gewinnung von Erdwärme geeignet ist. Bohrtechnische Risiken aufgrund unerwartet komplexer geologischer Formationen und insbesondere das Fündigkeitsrisiko zeigen, dass Bohrvorhaben ohne professionelle Vorbereitung eine sehr riskante Idee sind.
Besser ist es, vor der Bohrung eine detaillierte Erkundung durch die Experten von DMT durchführen zu lassen. Die umfassenden seismischen Messungen erfordern ein interdisziplinäres Team an Ingenieur*innen – mindestens bestehend aus Fachleuten der Geophysik, Geologie und Geodäsie.