Alles ist mit allem verbunden. Rohstoffe, Güter, Daten – eine leistungsfähige Vernetzung erst macht es möglich, dass sie am Zielort ankommen. Wenn es um Transport geht, fallen vielen Menschen sofort Lkw, Bahn, Schiff und Flugzeug ein. Doch es gibt noch ein weiteres Transportmittel, das eher unauffällig arbeitet, aber für Produktion, Versorgung und Wirtschaft trotzdem enorme Bedeutung hat: Pipelines. Sie sind das stille Netzwerk – und bieten eine Fülle von intelligenten Lösungen und neuen Möglichkeiten. Ein näherer Blick auf diese intelligente Lösung für kostenintensive Logistikprobleme lohnt sich: Es geht um die Versorgungssicherheit einer führenden Industrienation im globalen Wettbewerb und um die Wurzeltiefe von Mais. Es geht um Infrastruktur, die Infrastrukturen entlastet. Es geht um schnelle Schritte, um die Entwicklung von Wirtschaft, Klima und Umwelt in den nächsten Jahren – und um noch viel mehr.
Betrachten wir beim Stichwort Pipelines Deutschland, dann beginnt alles bereits in den Niederlanden und Belgien. Denn Rohstoffe sind der Beginn fast jeder Lieferkette von Exportweltmeister Deutschland – und diese Rohstoffe kommen zum großen Teil über die Häfen von Rotterdam und Antwerpen zu uns. Wichtige lndustriebranchen sind direkt oder indirekt abhängig von jederzeit fließenden Supply-Strömen. Das betrifft zum Beispiel (petro-)chemische Produkte wie Wasserstoff, Sauerstoff, Flüssiggase, Polymere, Stickstoff, Sole oder Erdgas. Schon bald soll grüner Wasserstoff in stetig steigendem Volumen hinzukommen, da die deutsche Industrie wo möglich und sinnvoll Produktionsprozesse auf diesen Energieträger umstellt.
Was einige der genannten Produkte betrifft, ist Deutschland eben auch beinahe Weltmeister beim Import. Die Mengen an Produktenstoffen, die in den Industriestandorten vom Chemiepark Marl im Ruhrgebiet bis weit hinter München benötigt werden, sind gigantisch. Zudem müssen sie ununterbrochen und in gleichbleibend hoher Qualität zur Verfügung stehen. Logistisch ist das über Lkw, Bahn, Schiff oder gar Flugzeug nicht zu bewältigen, will man den übrigen Verkehr auf Deutschlands Straßen und Gleisen nicht unmöglich machen. Auch die Kapazität der europäischen Wasserstraßen ist begrenzt – und teils durch Umwelteinflüsse wie Hoch- oder Niedrigwasser erschwert.
Pipelines beantworten die Logistikfrage
Daniela Kampmann, Vice President und Head of Pipelines bei EVONIK, auf diese Thematik angesprochen, sagt: „Die intelligenteste und effizienteste Lösung sind Pipelinenetzwerke. Pipelines, wie sie Evonik plant, baut und auch für andere Eigentümer aus der chemischen und petrochemischen Industrie betreibt, bieten eine ökonomisch und ökologisch nachhaltige Antwort für komplexe Logistikfragen. Vor dem Hintergrund von mehr als 80 Jahren Erfahrung auf diesem Gebiet sichert Evonik hier mit komplexen Ingenieurdienstleistungen und ca. 3000 km des emissionsärmsten Transportmittels den Nachschub für Deutschland – im petrochemischen Clusterverbund mit Erzeugern, Transporteuren und Anwendern, damit alles miteinander verzahnt und dadurch hochsynergetisch ist.“
Zum Vergleich: Während Transporte über Pipelines im Durchschnitt 5 g CO2 pro Tonnenkilometer erzeugen, sind es im Schienenverkehr bereits 22 g, in der Binnenschifffahrt 33 g, im Straßenverkehr schon 64 g und per Luftfracht 604 g.
[Zugrunde liegende Formel: g CO2 = km × t × g CO2 ÷ tkm] (Quelle: Evonik)
Der Evonik-Bereich Pipelines selbst bietet alle Leistungen aus einer Hand und kann als Full-Service-Provider wertvolle Vorteile auch an die Kunden weitergeben. Oberstes Ziel eines Pipelinebetreibers ist natürlich der störungsfreie und sichere Betrieb, den EVONIK 365/24/7 gewährleistet. Ist so ein Rohrfernleitungssystem erst einmal installiert, können die Herausforderungen ja nicht mehr allzu groß sein, könnte man denken. Doch hinter dem laufenden Betrieb steht ein anspruchsvoller Komplex, der hoher Aufwände und sehr spezieller Kompetenzen bedarf. Vom Einspeiser bis zum Abnehmer arbeiten Fachleute für die Zuverlässigkeit der teilweise bereits 80 Jahre erfolgreich genutzten Pipelinetechnik sowie der Materialien – und damit für den stabil emissionsfreien Produkttransport von jährlich mehreren Millionen Tonnen. Prüfung, Wartung, Instandhaltung und Überwachung durch Sachverständige gehören dazu, ebenso spezielle Technologiesysteme, wie sie im hochmodernen Pipelineleitstand in Marl zum Einsatz kommen können.
Von A nach B führt erst mal keine Gerade
„Anspruchsvoll gestalten sich auch die Wege, bis es überhaupt zur Inbetriebnahme eines Pipelinenetzwerks kommt“, sagt Andreas Johnen, einer der auf den Pipelinetrassenbau spezialisierten Ingenieure der DMT GROUP. „Hier leistet EVONIK gemeinsam mit DMT bereits über viele Projekte und Jahrzehnte hinweg Pionierarbeit bei enorm komplexen Anforderungen.“, ergänzt Daniela Kampmann.
Um es stark vereinfacht zu erklären: Bei einem Bedarf an Produktströmen für Abnehmerzentren müssen Planungen erfolgen, eingereicht und genehmigt werden. Das geschieht teilweise auf europäischer, meist aber auf Bundesebene und immer auf Länder- und Bezirksregierungsebene. Wenn es etwa um die Anbindung eines neuen Großabnehmers für Wasserstoff geht, müssen potenzielle Pipelinekorridore in teils stark besiedelten Gebieten gefunden und auf Eignung untersucht werden. Genau um ein solches Projekt kümmert sich die DMT GROUP tatsächlich momentan im Auftrag von Evonik: Im DMT-Leistungsumfang der vorbereitenden Phasen ist meist auch die Lösung der Wegerechte enthalten – ergo der Rechtserwerb von Grundstücken für geplante Leitungsnetze. Womit wir auch schon bei der Wurzeltiefe von Mais wären: Oft sind es Landwirte, mit denen über die geplanten Eingriffe in ihren Grund und Boden zu sprechen ist. Eine Lösung findet sich hier niemals einseitig. Wenn beide Parteien langfristig zufrieden werden und Rohrleitungen ermöglichen wollen, muss gegenseitiges Verständnis und Vertrauen aufkommen. Da ist es schon hilfreich, dass man sich auf DMT-Seite seit 1737 mit Bodenqualitäten, Grundwasserströmen, Erntezeiten oder eben Wurzeltiefen von landwirtschaftlichen Anbauprodukten auskennt.
Zusätzlich ist über Informationsveranstaltungen und weitere Maßnahmen schon im Vorfeld jeglicher Bauarbeiten eine transparente Kommunikation mit den Bürger:innen sicherzustellen. Schließlich kommen dabei immer berechtigte Fragen auf: „Was fließt da zukünftig durch die Leitungen?“, „Wie lange dauern die Bauarbeiten?“, „Wie ist sichergestellt, dass Nachher wieder wie Vorher aussieht?“ oder „Werden alle gesetzlichen Vorgaben, wie etwa Schutzstreifen, eingehalten?“. „Diese oft emotional geführten Austausche mit den Anrainern sind eine fordernde Aufgabe, die wir ebenso ernst nehmen wie alle technischen Fragestellungen“, verspricht Andreas Johnen.
Zukunft hat hier Tradition
Das Kerngeschäft der DMT GROUP ist jedoch nicht Diplomatie, sondern Engineering – wie hier im Spezialgebiet des Trassen-Engineerings für kritische Infrastrukturen: von Machbarkeitsstudien und Gutachten über die klassischen Ingenieursplanungen, das Behördenmanagement, Dokumentationen und Genehmigungsverfahren oder Vermessungsarbeiten an Baustellen bis hin zu sehr speziellen Aufgaben wie der Kontrolle der Rohrbücher für Pipelines. Wir begleiten sowohl Unternehmen als auch die öffentliche Hand bei einer Vielzahl unterschiedlicher Infrastruktur-Neubauprojekte.
Hier verspricht die nahende Zukunft, spannend zu werden, denn die europäischen Ziele zur Energiewende müssen nun mit aller Kraft und dem angezeigten Tempo erreicht werden. Wasserstoff, also H2, ist dabei das Element, von dem sich alle viel versprechen, wenn es um eine zügige CO2-Reduktion geht. Die Anforderungen sind hoch, aber sowohl Evonik als auch DMT sind hier mit hoher Kompetenz, verfügbaren Technologien und Pipeline-Assets bestens aufgestellt.
Für Evonik ist Wasserstoff nicht einmal mehr ein Zukunftsthema: Seit 1939 produziert der Konzern Wasserstoff und betreibt Wasserstofffernleitungen. Der größte Verbund an Wasserstoffpipelines in Deutschland – im Eigentum der Air Liquide – wird von Evoniks Pipelinebereich betreut. Und Evonik in Marl ist als Produzent von H2 ein bedeutender Versorger der Industrieregion Ruhrgebiet. Im Verbund Wesseling nahe Köln ist der Konzern logistischer Enabler für das Chemie- und Raffineriecluster und transportiert den Wasserstoff vom Produzenten zu den verschiedenen Verbrauchern durch seine eigenen Pipeline-Assets.
Ebenso ist Evonik in verschiedenen Forschungsprojekten und Initiativen eingebunden und engagiert sich als einer der Vorreiter und Technologiepartner für den erfolgreichen Markthochlauf der Wasserstoffwirtschaft. So wurden bereits Lösungen entwickelt, um bestehende Gaspipelines effizient auf den H2-Transport umzurüsten.
Die DMT GROUP bietet seine Wasserstoffkompetenz im Konzernverbund mit der TÜV NORD GROUP unter dem Namen HydroHub an – vom Consulting über Forschungsprojekte bis zur angewandten Transformationsleistung für Hersteller, Netz- und Speicherbetreiber, industrielle Anwender sowie für die öffentliche Hand und Investoren. Das HydroHub analysiert Bedarfe, identifiziert wirtschaftliche und technische Potenziale und übersetzt Anforderungen in konkrete Projekte entlang der Wasserstoff-Wertschöpfungskette. Mit praktischer Hands-on-Kundenorientierung planen und realisieren die Expert:innenteams Vorhaben für eine intelligente Sektorenkopplung, für Speichersysteme und Standortentwicklungen bis hin zu Wasserstoff-Importstrategien und für vieles mehr.
Sie haben es sicher schon bemerkt: Die Leistungsfelder der beiden Unternehmen ergänzen sich bereits bei klassischen Infrastrukturleistungen ideal. Spätestens beim Zukunftsmolekül H2 steht einem gemeinsamen Lösungsangebot für industrielle Anwender theoretisch nichts mehr im Weg.
Marktanteile von morgen entscheiden sich heute
Die steigenden Nachhaltigkeitsanforderungen für die Industriebranchen forcieren eine schnelle Transformation der Energiesysteme und Infrastrukturen. Zukünftige Marktanteile von Staaten und Unternehmen werden jetzt auch über die Fragen der Infrastrukturqualitäten und Transformationsgeschwindigkeiten verteilt. Evonik und DMT haben auf ihren Gebieten jeweils zielführende Antworten.
Die allgemeinen Entwicklungen lassen sich sehr gut an den Fortschritten der großen Zukunftsprojekte ablesen: Evonik ist hier sehr aktiv und engagiert; so ist das Spezialchemieunternehmen neben den Projektpartnern bp, Nowega, OGE und RWE zum Beispiel Teil des Projekts GET H2 Nukleus. Diese Initiative bekam bereits den „Responsible Care“-Award des Verbands der Europäischen Chemischen Industrie (CEFIC) verliehen und hat darüber hinaus das Ziel, die erste öffentlich zugängliche Wasserstoffinfrastruktur in Deutschland aufzubauen.
Pipelinestrategien werden gerade auch an anderen Orten von verschiedenen Initiatoren und für unterschiedliche Korridore entwickelt. Das wohl spektakulärste – weil wirklich groß gedachte Vorhaben – nennt sich TRILOG und spielt auf europäischer Ebene. Es geht um die zukünftig kosteneffizienteste und nachhaltige Versorgungssicherheit der wichtigen Chemiestandorte, beginnend mit den Importterminals der Häfen Rotterdam und Antwerpen bis tief in unser Landesinneres – womit zumindest die drei Länder Niederlande, Belgien und Deutschland einen gemeinsamen Weg finden müssen. Ein Abstimmungs- und Organisationsaufwand, den kein Unternehmen allein bewältigen kann. So hat sich hier bereits vom Port of Antwerp, über SABIC und Borealis eine zweistellige Zahl an potenten Initiatoren zusammengefunden.
Investition in Defossilisation ist geboten
Notwendige Produktströme sind definiert und auch sich anbietende Pipelinekorridore sind gefunden. Dennoch stehen Mammutprojekten wie diesem immer noch erhebliche Zeitspannen bis zu einer belastbaren Entscheidungsgrundlage für alle öffentlichen Genehmigungsbeteiligten bevor. Immer mit dem keineswegs geringen Investment-Risiko vor Augen, denn während die Pipelinevision fortschreitet, tut sich etwa zeitgleich auch einiges auf der Produktebene, um Energiewende und Defossilisation zu ermöglichen.
Selbst traditionell genutzte Rohstoffe sind dem Wandel hin zu nachhaltigeren Lösungen unterworfen. Beispielsweise bildet Naphtha (Rohbenzin) die Basis für Ethylen und Propylen, die wiederum die Grundstoffe für die Produktion von Kunststoffen wie Polyethylen und Polypropylen bilden. Doch dieser Rohstoff lässt sich heute grundsätzlich auch aus Holzabfällen oder recyceltem Plastik herstellen. Ersetzen solche alternativen Möglichkeiten also in naher Zukunft die fossilen Rohstoffe, müssten unter Umständen auch Pipelines umgewidmet werden.
Doch alle diese Anstrengungen und Investments sind geboten und notwendig, schließlich drängt sich unserer Gesellschaft unausweichlich die eine Frage auf: Schaffen wir gemeinsam und rechtzeitig die Transformation zur Defossilisation?
Evonik und die DMT GROUP stellen sich für zufriedenstellende Antworten mit Leidenschaft ihrer Verantwortung und als Dienstleister zusätzlich der Verantwortung anderer. Wir nennen das Engineering Performance.